OBI-Gründer Prof. Manfred Maus Teil 1
OBI-Gründer Prof. Manfred Maus über: Digitalisierung, Führung in Zeiten des Wandels, Vertrauen und Innovationskraft
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Alexander Hornikel: Die Wirtschaft erlebt durch Digitalisierung, Roboterisierung und Automatisierung einen enormen Wandel. Wie verändert dies die Führungskultur?
Manfred Maus: Der Wandel, in dem wir uns befinden, ist allumfassend und radikal. Die Digitalisierung, die auf der Einführung des Internets basiert, verändert alle Bereiche der Wirtschaft in der Führungskultur. Die Hierarchien von oben nach unten zu führen gehört der Vergangenheit an. Wir müssen Menschen in den Entscheidungsprozess einbeziehen, Betroffene zu Beteiligten machen, so habe ich das in unserer Unternehmenskultur erarbeitet.
Alexander Hornikel: Wie macht man aus „Betroffenen Beteiligte“? Manfred Maus, OBI-Gründer. Quelle: Manfred Maus
Manfred Maus: Jeder der von einer Entscheidung betroffen ist, muss an der Entscheidungsfindung beteiligt werden und zwar über die ganzen Hierarchien hinweg. Nur wenn Sie Menschen mitnehmen und mit einbeziehen, können Sie diese hinter sich bekommen. Dieser radikale Wandel in der Führungskultur basiert auf Werten und Regeln. Keine Organisation, keine Familie und kein Unternehmen kann ohne Regeln in der Zusammenarbeit funktionieren.
Alexander Hornikel: Welches ist für Sie der wichtigste Wert einer gesunden Führungskultur?
Manfred Maus: Wir reden von einer Unternehmenskultur, die auf Werten wie Vertrauen basiert. Robert Bosch hat gesagt „Lieber verlier ich Geld als Vertrauen“. Geld kann man ersetzen, Vertrauen nicht. Wenn Sie kein Vertrauen mehr zur Deutschen Bank, zum DFB oder auch zu Volkswagen haben, tun sie sich unglaublich schwer. Vertrauen ist die Basis.
Alexander Hornikel: Wie schafft man ein Vertrauensfundament?
Manfred Maus: Wenn Sie in einer Kultur leben, in der andere Kulturen sich treffen, sprich Religionen wie der Islam in unser Land und unsere Betriebe kommen, müssen wir beispielsweise deren Anspruch auf die Möglichkeit zu Beten akzeptieren und uns mit deren Kultur auseinandersetzen. Dann kommen wir auf Werte wie Toleranz und Respekt. Wie viel Respekt bringt beispielsweise Ihre Firma anderen Kulturen gegenüber? Respektieren wir andere Meinungen? Das heißt nicht, dass ich meine Meinung aufgeben muss. Ich respektiere ihre andere Meinung aber trotzdem müssen wir zusammenarbeiten. Wie tolerant ist eine Unternehmenskultur, wie tolerieren wir unseren Wettbewerb? Das sind dramatische Veränderungen.
Alexander Hornikel: Stichwort Empathie…
Manfred Maus: Genau. Ich muss von hinten anfangen zu denken. Also vom Kunden aus, nicht von dem was ich verkaufen will. Ich muss herausfinden, welche Bedürfnisse der Kunde hat. Ich sitze im Verwaltungsrat bei Kärcher. Kärcher kennen Sie sicher, es steht für Hochdruckreinigung und Wasser, richtig? Falsch. Kärcher steht für Hygiene. Sauberkeit. Das Reinigen ist die Tätigkeit. Aber der Nutzen ist ein anderer. Wieso putzen Sie Ihre Fenster? Damit Sie durchgucken können. Aber das Reinigen ist die Tätigkeit. Wofür steht ein Baumarkt? Das Bauen ist die Tätigkeit aber ich baue, um zu wohnen. Ich muss also vom Kunden herdenken, ihn einbeziehen und fragen, welchen Nutzen ein Baumarkt stiften kann. Der Nutzen ist das, was alle Menschen auf der Welt brauchen. Ein Dach über dem Kopf, wir sprechen von Geborgenheit, auch in Betracht auf die Flüchtlingskrise. Das müssen wir ihnen anbieten. In ein Erdbebengebiet werden als Erstes Zelte hin eingeflogen, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben. Und wenn es nur ein Zelt ist, es ist ein Grundbedürfnis. Daher haben wir bei Kärcher gefragt, ob wir zukunftssicher sind, wenn wir nur Fußböden und Terrassen reinigen. Das haben wir die Mitarbeiter und die Kunden gefragt, nicht die Manager. Und wissen Sie was deren Antwort war?
Alexander Hornikel: Sie blicken auf die Grundbedürfnisse.
Manfred Maus: Ja. Sprich wir müssen Trinkwasser reinigen. Das ist ein Grundbedürfnis von Menschen auf der ganzen Welt. Kärcher ist ein globales Unternehmen. Wir wollen in China, in Asien und in Südamerika Märkte aufbauen und was die Leute brauchen ist Trinkwasser. So sind wir also auf eine Antwort gestoßen indem wir die Menschen mitnehmen, um Innovationen zu erzeugen und neue Ideen zu finden. Da liegt das Problem.
Alexander Hornikel: Woran scheitert Innovationskraft?
Manfred Maus: Eine der größten Herausforderungen für einen Unternehmer der heutigen Zeit ist die Tatsache, dass er den Wandel, in dem wir leben, rechtzeitig erkennen muss. Wenn also ein großes Unternehmen, das Bücher verkauft und der katholischen Kirche gehört, nicht merkt, dass Menschen ihre Bücher bei Amazon kaufen, ist es eines Tages pleite. Das haben wir schon erlebt. Warum merken sie es nicht? Warum merken sie nicht, dass seit Jahren Menschen Bücher bei Amazon kaufen. Sie glauben sie seien der größte Buchladen und es gehe sie nichts an.
Alexander Hornikel: Können Sie uns dazu noch weitere Beispiele zum Wandel der Unternehmen in der heutigen Zeit nennen?
Manfred Maus: Wenn junge Menschen kein Auto mehr kaufen, weil sie es nicht besitzen, sondern nutzen wollen, gibt es eine Car Sharing Economy. Wenn Sie genauer hingucken, sehen Sie wem diese Firmen gehören. Den Autoherstellern. Jetzt muss doch jeder Autohändler in Düsseldorf oder München sich fragen: Was bedeutet das für mein Geschäft? Kann ich in den nächsten Jahren noch so überleben wie ich heute aufgestellt bin? Welche Konsequenzen hat das? Wenn Sie die digitale Revolution, wie ich es bezeichne, weiterverfolgen, stellen Sie fest, dass es schon Wettbewerber für Taxiunternehmen gibt, die nicht ein Auto haben. Die größten Hotel Mitbewerber sind die Hotelvermittler. In Prag werden 20 Prozent der Hotelzimmer über solche Vermittler gebucht.
Senior Partner Alexander Hornikel
Alexander Hornikel: Wie verändert sich unser Leben noch?
Manfred Maus: Kennen sie den Begriff „Smart Home“? Das bedeutet, dass das ganze Haus digitalisiert verwaltet wird. Leute wie Miele betreiben dieses Geschäft und sprechen von der Roboterisierung der Küche. Das bedeutet beispielsweise, dass ältere Menschen, die 2-mal nachts zur Toilette gehen, zukünftig Sensoren auf dem Fußboden haben, die das Licht aktivieren. Darüber hinaus gibt es weitere Sensoren, die die Tür öffnen, den Toilettensitz anheben und den Sitz wärmen. Vielleicht kommt ja später sogar noch Musik raus (lacht). Ich übertreibe jetzt ein bisschen aber Sie verstehen was ich meine. Wenn Sie in das Badezimmer oder in die Dusche gehen, wird das Wasser automatisch auf ihre Temperatur eingestellt. Genauso die Kaffeemaschine. Das ist die Revolution, die Roboterisierung im Smart Home. Wie die Amerikaner sagen: The real world will be connected to the internet. Die reale Welt ist verbunden mit dem Internet. Wenn Sie einen Blumentopf nehmen, ist der in den nächsten Jahren verbunden und sagt ihnen automatisch wie viel Dünger die Pflanze braucht. Wenn Sie heute unterwegs sind können Sie feststellen wo ihr Koffer ist. Das kann man übertragen auf die Frage: Wo ist mein Kind? Sie können übertragen, wenn sie heute Strom ablesen, kriegen sie einen Preis. In Zukunft werden Sie pro Gerät Strompreise kriegen, um gezielter steuern zu können und die Effizienz steigern zu können. Das sind Beispiele die auf uns zu kommen.
Alexander Hornikel: Was bedeutet das für die Unternehmen?
Manfred Maus: Wenn wir das nicht rechtzeitig erkennen, sind wir eines Tages am Ende. Wenn ich also sehe, die Menschen kriegen keine Kinder mehr, ist das Ergebnis, dass sie sich Hunde und Katzen anschaffen. Deshalb gibt es einen Unternehmer, der das erkannt hat. Der hat gesagt: Ich brauche einen Namen und ich schlug einfach Fressnapf vor. Das versteht jeder. So hat er den ersten Fressnapf Laden eröffnet und macht heute 1,3 Milliarden Umsatz in Tiernahrung. Ich diskutiere in einem Businessclub. Wenn man älter wird und der Partner stirbt, ist eine riesige Herausforderung Vereinsamung. Wenn die Menschen vereinsamen, muss ich als Unternehmer eine Firma gründen, welche Aktivitäten in die Pflegeheime bringt.
Alexander Hornikel: Digitalisierung, Roboterisierung und Automatisierung werden vor allem von jungen Menschen gestaltet. Wie können wir ältere Menschen mitnehmen?
Manfred Maus: Indem man die älteren Menschen mit einbezieht. Ich sehe 60 bis 70-jährige, die im Zug von Köln bis nach Stuttgart nur an ihrem Laptop oder Smartphone herumspielen. Ältere Menschen kann ich beispielsweise in solche Aktivitäten einbinden. In Köln im Krankenhaus wurde die Medizin durch Digitalisierung gewandelt. Die Patienten beschäftigen sich im Krankenhaus mit der Digitalisierung, auch ältere Menschen. Es sind also nicht nur die jungen Menschen. Ich muss natürlich den älteren ein bisschen zur Hand gehen und sie einbinden. Ich darf sie nicht neben die jungen setzen in solch einem Seminar. Ich brauche spezielle Räume für ältere. Es ist genauso bei Fitness Programmen. Da kann man auch nicht junge und alte Frauen mischen, da beispielsweise eine 50 Jährige nicht mit einer 25-Jährigen trainieren kann und will.
Alexander Hornikel: Wie werden wir alt?
Manfred Maus: Wir wollen alle gesund alt werden. Da widersprechen Sie mir sicher nicht. Sie möchten nicht alt und pflegebedürftig werden. Alt ja, aber gesund. Dafür müssen Sie zwei Faktoren im Griff haben. Zum einen Ernährung, und zum anderen Bewegung. Ich habe seit Advent im letzten Jahr keinen Schluck Alkohol mehr getrunken. Nicht weil der Arzt mir das verschrieben hat, sondern weil ich es aus eigenem Willen ausprobiere. Sie können nur genießen, wenn Sie gelernt haben zu verzichten. Jetzt fragen mich alle, warum ich nichts mehr trinke und ich stelle fest, dass plötzlich alle Firmen alkoholfreie Produkte produzieren. Wenn ich gesund alt werden will, muss ich auch meinen Beitrag dazu leisten.
Das Interview führte Alexander Hornikel, Partner bei Kloepfel Consulting.
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