OBI-Gründer Prof. Manfred Maus Teil 2

OBI-Gründer Maus über: Gefahren und Chancen der Digitalisierung, der Einkauf als Jobmotor, Führung und begeisterte Kunden

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Alexander Hornikel: Wie sieht das aus mit den Gefahren der Digitalisierung?

Manfred Maus: Da komme ich auf einen weiteren Wert, die Freiheit. In einem Unternehmen müssen Sie an irgendeiner Stelle sagen, wie viel Freiheit ein Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen hat. Freiheit ist für junge Menschen ein wichtiger Wert. Sie wollen Freiraum, Bewegung haben und Ideen umsetzen. Das Problem besteht darin, dass Freiheit missbraucht wird. Die Digitalisierung lässt sie frei damit umgehen, doch die Gefahr ist, dass dies eben missbraucht wird. Kriminelle können schnell kommunizieren und Revolutionen über das Internet anzetteln, siehe Pegida. Man kommuniziert nur noch über neue Medien. Da muss man über Sanktionen reden. Jeder, der sich nicht an Regeln hält, muss die gelbe Karte bekommen. Wir können nur in einer Gesellschaft zusammenleben, wenn sich jeder an Regeln hält. Die Digitalisierung bringt natürlich Gefahren des Missbrauches mit sich.

Alexander Hornikel: Wie sieht es mit der Monopolisierung im Internet aus? Wir haben Giganten wie Amazon oder Google, wie wirkt sich das aus?

Manfred Maus: Das sind riesengroße Gefahren, da sind wir leider abhängig von der Technologie der Amerikaner. In Deutschland und Europa wird zu wenig auf diesem Gebiet geforscht. Deswegen fordere ich Bildungsprogramme für Computer Science. Diese Entwicklung dürfen wir nicht dem Silicon Valley überlassen. Wir haben ein bisschen was von SAP in Deutschland, aber im Wesentlichen sind wir von Google und Co. abhängig. Das ist eine riesige Gefahr.

Manfred Maus, OBI-Gründer. Quelle: Manfred Maus


Alexander Hornikel: Wo setzen wir an?

Manfred Maus: Es muss schon in den Universitäten beginnen. Ich habe eine Rede an der WHU in Koblenz gehalten und den Absolventen gesagt, sie müssen dafür sorgen, dass man auf Geschäftsleitungsebene eine IT Kompetenz bekommt. Die alten Strukturen sehen eine EDV oder IT-Abteilung vor. Das muss geändert werden. Der IT-Mann oder -Frau muss auf Geschäftsleitungsebene neben dem CEO die Kompetenz für die digitalisierte Welt übernehmen. Die Digitalisierung in der Produktion. Der Roboter steuert die Maschinen. Der Mensch tritt zurück und lässt die Maschine arbeiten. Das ist eine totale Revolution, 4.0.

Alexander Hornikel: Sind dadurch Arbeitsplätze in Gefahr?

Manfred Maus: In weniger ausgebildeten Berufen, ja! Daher ist die Ausbildung so wichtig. Wenn der Facharbeiter keine IT Kenntnisse hat, kann man mit ihm nichts mehr anfangen. Und das gilt mittlerweile für jeden. Heute Morgen in der Zeitung war alles von gestern. Wenn sie wissen wollen was heute passiert, müssen Sie in ihrem Smartphone nachschauen. Wenn ich das nicht schaffe, bin ich eines Tages am Ende.

Alexander Hornikel: Viele Unternehmer wollen ihr Unternehmen in Sachen Industrie 4.0 für die Zukunft rüsten aber es fällt schwer, diese Digitalisierung im Unternehmen umzusetzen und die Prozesse zu unterbrechen oder zu ersetzen. Wie kann ich als Unternehmer es schaffen, meine Mannschaft für das Thema Digitalisierung zu entflammen?

Manfred Maus: Der Grundsatz muss lauten „Die Menschen in den Entscheidungsprozess
einbeziehen“. Jeder Wandel produziert Ängste. Ich will nichts verlieren. Ich muss also meinen Mitarbeitern klar machen, wenn ich mich nicht ändere ist der Arbeitsplatz gefährdet, da dann das Unternehmen pleite geht. Wir müssen uns dem Wandel stellen. Das kann ich aber nicht mit Vorträgen oder Appellen. Das geht nur mit gruppendynamischen Prozessen.

Alexander Hornikel: Wie sehen die aus?

Manfred Maus: Ich spreche von Workshops und Diskussionen in kleinen Gruppen. Nur so wird klar, dass der Wandel absolut erforderlich ist und die Mitarbeiter kommen selber auf die Idee. Ich persönlich diskutiere mit den Mitarbeitern über Menschenwürde, und das Wichtigste ist, dass der Mensch eine sinnvolle Arbeit hat. Ich muss Arbeit nicht vermeiden.

Alexander Hornikel: Wie kann man dazu eine Aufgabe bzw. Arbeit positiv besetzen?

Manfred Maus: Ich wundere mich über Unternehmen, wie die Lufthansa, die da scheinbar widerspricht und sagt, dass die Leute mit 55 in Pension müssen. Die Menschen müssen sinnvoll arbeiten. Arbeitslosigkeit ist das Schlimmste überhaupt. In Spanien sind 25-Jährige jahrelang arbeitslos. Keine Arbeit zu haben, ist menschenunwürdig. Stellen Sie sich vor sie hätten keine Arbeit. Man muss dem Menschen klar machen, welchen Nutzen er stiftet. Das oberste Ziel sind zufriedene Kunden. Die kann ich nur durch zufriedene Mitarbeiter bekommen.

Alexander Hornikel: Reichen zufriedene Kunden aus?

Manfred Maus: Zufriedene Kunden reichen in unserem Wettbewerb nicht, ich brauche begeisterte Kunden. Ich habe überall Erwartungen. Wenn diese erfüllt werden, bin ich zufrieden aber nicht gebunden, ich brauche Überraschungen um Bindungen zu erzeugen.

Alexander Hornikel: Wie erreiche ich Begeisterung?

Senior Partner Alexander Hornikel

Manfred Maus: Der Mensch muss hier mit einbezogen werden und die Unternehmenskultur darf nicht nur auf dem Papier umgesetzt werden. Götz Werner von der Drogeriekette DM, hat den Begriff Personalkosten im Betrieb abgeschafft. Er nennt es Mitarbeitereinkommen. Wenn ich meinen Mitarbeitern sage, dass sie Kostenfaktoren sind, kann ich keine hoch motivierten Mitarbeiter erwarten. Er sagt, ich bezahle euch, weil ihr einen tollen Job macht. Er hat nie ein Unternehmensziel in Form eines Gewinnes definiert. Profit ist das Ergebnis, aber nicht das Ziel. Wenn ihre Kunden immer wieder zurückkommen, dann ist das Unternehmen erfolgreich. Man darf nicht den kurzfristigen, sondern den langfristigen Erfolg suchen. Kurzfristigkeit hängt mit der Bezahlung zusammen. Wenn Sie einen Einkäufer nach seinem erzielten Rabatt entlohnen, müssen Sie sich nicht wundern, wenn er nur den Lieferanten in die Ecke treibt, um Rabatte zu erpressen.

Alexander Hornikel: Der Einkauf, das erleben wir immer wieder, wird als Wertschöpfer insofern unterschätzt, weil es doch schon bei vielen Unternehmern heißt: „Wer sparen muss, dem geht es schlecht!“ Wie kann man die Einkäufer im Unternehmen aufwerten oder beim Unternehmer ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Lieferkette schaffen?

Manfred Maus: Indem Sie anders messen. Die Amerikaner sagen: “You can only change what you measure.” Sie können nur ändern, was Sie messen. Auch im Sport wird ständig gemessen, wenn es um Fortschritte geht. Ohne Messen geht also nichts.

Alexander Hornikel: Aber wie messen Sie die Leistung eines Einkäufers?

Manfred Maus: Oft geht es nur um die Konditionsverbesserungen, aber nie um strategische Themen in der Zusammenarbeit mit einem Lieferanten. Wie können wir gemeinsam ein neues Produkt entwickeln? Wie können wir eine Exklusivität ausmachen oder Dienstleistungen anbieten? Bei Kärcher könnten wir zum Beispiel nicht mehr nur die Maschine, sondern auch mit dem Kunden die Dienstleistung anbieten. Wenn ich mit einem Kunden zusammen Hotels reinige, ist das fortschrittlich. Wir bieten sowohl Maschinen als auch Dienstleistungen als Produkt an. Das heißt, ich muss den Einkäufer auf eine andere Ebene in einer Organisation bringen, so dass er entscheidend ist für Strategien.

Alexander Hornikel: So ist der Einkauf auch ein Jobmotor?

Manfred Maus: Genau. Und ich muss ihn stärker einbinden am Kundenbedürfnis. Er muss dazu beitragen, dass etwas produziert wird, was der Kunde dringend nötig hat. Er muss kreativ werden und neue Ideen haben. Wenn ich also sage wir müssen Trinkwasser reinigen muss ich als Einkäufer alle möglichen Hebel ziehen. Das ist eine riesige Änderung. Ich muss bereit sein über mein Themengebiet hinaus zu lernen. Der neue CEO bei Bosch hat Bonuszahlungen für das ganze Unternehmen über den Gesamterfolg der Firma fest gemacht. Besondere Leistungen werden durch das Gehalt ausgeglichen. Die Bonuszahlung beläuft sich auf das Gesamtergebnis. Sonst gibt es egoistische Ziele. Wir haben dann diskutiert, was ist der Unterschied zwischen einem Team und einer Gruppe. Wenn ich mit den Mitarbeitern diskutiere heißt es, wir seien ein Team. Aber wenn ich die Mitarbeiter selber unter sich diskutieren lasse, merken sie, dass sie in Wahrheit eine Gruppe sind. Weil sie gegenseitig im Wettbewerb stehen. Ein Team unterstützt den anderen, man gleicht die Schwächen des anderen aus, in einem Team findet ein Ausgleich statt. In einer Gruppe hat jeder eigene Ziele.

Alexander Hornikel: Welche Erfindung müsste mal gemacht werden?

Manfred Maus: Ich habe die Frage gelesen und bin auf keine vernünftige Antwort gekommen. Ich habe immer gesagt, Menschen wollen in Frieden leben. Wir streiten aber. Obwohl wir in der Kirche, ich bin ja Vorsitzender vom BKU in Köln, von Gläubigern reden, sage ich, wir brauchen zufriedene Kunden. Und mein Arzt in Köln sagt er habe keine Kunden, er habe Patienten. Ich sage, wir müssen lernen, dass das auch Kunden sind. Sie müssen zufrieden sein. Wie können wir es schaffen weltweit in Frieden zu leben. Wir beten doch jeden Sonntag dafür, aber
wir können nicht in Frieden zusammenleben. Wir kämpfen, wir führen Kriege, was da passiert ist furchtbar. Wir machen Seminare mit dem BKU in Richtung Entwicklung des Islams. Wir werden andere Kulturen in unsere Unternehmen aufnehmen müssen, aber wir haben keine Ahnung was beispielsweise ein Salafist ist. Wir sollen die Leute integrieren, aber wenn wir Sie nicht mal beten lassen erreichen wir nichts. Wie wollen sie mit diesen Menschen umgehen? So entstehen nur Konflikte. Wie gehen Sie mit Konflikten um? Vielleicht ist diese Antwort irgendwo sinnlos, dass Menschen friedlich zusammenleben können, aber so ist es nun mal. Es gibt doch die 10 Gebote, da steht alles drin, aber irgendwie klappt es nicht.

Das Interview führte Alexander Hornikel, Partner bei Kloepfel Consulting.